NÜRNBERGER LAND (ap) — Wenn Angehörige sterben, beginnt für viele Menschen nach der Bestattung erst die Trauerarbeit. Die Aufgabe des Bestatters ist da bereits beendet. Er verabschiedet sich oft von „Menschen in einem ganz tiefen Loch“, wie Irmingard Philipow und David Blank aus ihrer Erfahrung berichten. Sie wollen das ändern und haben deshalb ein Netzwerk für Trauernde im Nürnberger Land initiiert. Es bietet eine abgestufte, zeitnahe Auswahl an Gruppen und offenen Kreisen an verschiedenen Orten.
Ausgangspunkt war das Angebot, das der „Raum der Stille“ am Unteren Markt 2 in Hersbruck bietet. „Als die Leute ‚Raum der Stille‘ hörten, haben sie am Anfang gleich gefragt, ob es sich um einen Ort zum Trauern handelt“, blickt Philipow auf die zarten Anfänge ihrer Idee im November 2011 zurück.
Damals bildete sich dann auch eine Gruppe, die sich bis Februar 2012 regelmäßig traf, um über den Verlust und ihre Empfindungen zu sprechen.
„Sie fanden die Spur für das eigene Leben in Form einer Reise oder einer neuen Wohnung wieder“, erzählt die engagierte Frau.
Allein wollten viele nicht reden: „Die meisten brauchen Gleichgesinnte, die sie verstehen, weil sie außerhalb erleben, dass andere ihnen vorschreiben, wie und wie lange die Trauer sein soll.“ Im Landkreis sind solche Angebote gestreut: „Es gibt hier was und da was, aber alle sitzen in einem Boot, sie wollen Menschen Hilfe anbieten.“ Da war für Philipow klar: Es muss eine Koordination aller Angebote her, eine Vernetzung und ein Austausch der betroffenen Institutionen.
Kein Konkurrenzdenken
Mit ihrem Vorschlag eines gemeinsam auftretenden Netzwerks stieß sie bei Caritas, Diakonie und anderen Gruppierungen auf Zustimmung. Konkurrenzdenken: Fehlanzeige. „Wer in der Kirche seinen Raum der Stille gefunden hat, der soll dort gerne bleiben“, sagt Philipow. Aber da nicht alle gläubig sind, ist mit KISS auch eine nicht-konfessionelle Institution dabei. Dabei handelt es sich um ein Regionalzentrum für Selbsthilfegruppen.
Unterschiedliche Formen
Ausgetüftelt hat das neue Netzwerk nun ein Angebot mit unterschiedlichen Organisationsformen. Offen für jedermann ist das Trauercafé das jeden vierten Samstag im Monat von 14.30 Uhr bis 16.30 Uhr bei KISS in Hersbruck stattfindet (Unterer Markt 2). Zum ersten Mal am morgigen Samstag können Trauernde miteinander reden, schweigen, lachen und weinen. „Es geht um mitmenschliches Verständnis“, erklärt Philipow, „nicht um therapeutische Arbeit, denn die können wir nicht leisten“.
Ähnlich wie das Café ist auch der offene Trauerkreis ausgerichtet: Er steht unter dem Motto „Zurück ins Leben finden“, beginnt am Dienstag, 16. April, um 19 Uhr im „Raum der Stille“ in Hersbruck und wird zunächst alle
14 Tage angeboten.
Der dritte Baustein sind die geschlossenen Trauergruppen von Diakonie und Caritas. Für die sechs bis acht kostenpflichtigen Treffen ist eine Anmeldung erforderlich. Finden sich danach Menschen zusammen, die über ihre Trauer noch nicht hinweg sind, ist auch die Gründung einer Selbsthilfegruppe denkbar. Das Netzwerk ist offen für Mitarbeit und Anregungen, denn: „Viele Menschen können sich nach einem Verlust nicht sofort auf das eine oder andere festlegen.“ Informationen gibt es bei Irmingard Philipow (Telefon 09151/3251) oder bei KISS in Hersbruck (Telefon 09151/9084494).